Clozapin - Agranulozytose-induzierende Stoffe
Von einer additiven Wirkung auf das Knochenmark ist auszugehen. Eine retrospektive Studie in Finnland zeigte, dass ca. 40 % aller Patienten, die unter Clozapin eine Agranulozytose entwickelten, weitere Arzneistoffe erhielten, die Agranulozytosen auslösen können. Stoffe mit dieser Nebenwirkung sind nur schwer zu benennen, da meist nur Fallberichte vorliegen. Es handelt sich um sehr viele Stoffe aus sehr unterschiedlichen Stoffgruppen.
Erhöhung des Risikos und/oder der Schwere von Granulozytopenien/Agranulozytosen
Bei gleichzeitiger Behandlung mit Clozapin und weiteren Arzneistoffen, die Agranulozytosen hervorrufen können, ist eine erhöhte Inzidenz und Schwere von Granulozytopenien und Agranulozytosen zu befürchten. Eine Agranulozytose tritt meist zu Beginn der Behandlung mit Clozapin auf, kann aber auch zu jedem späteren Zeitpunkt ausgelöst werden (siehe Kommentar).
Den Produktinformationen von Clozapin zufolge darf eine Therapie mit diesem Neuroleptikum nicht eingeleitet werden, wenn der Patient bereits mit einem Arzneistoff behandelt wird, von dem bekannt ist, dass er ein erhebliches Potenzial hat eine Agranulozytose hervorzurufen (Kontraindikation). Agranulozytosen sind eine schwere, aber seltene Nebenwirkung vieler lebenswichtiger Arzneistoffe. Daher können Fälle eintreten, in denen die gleichzeitige Behandlung mit Clozapin und einem dieser Arzneistoffe unumgänglich wird. In einem solchen Fall muss das Blutbild besonders engmaschig überwacht werden. Bei alleiniger Therapie mit Clozapin sind die Leukozyten und neutrophilen Granulozyten während der ersten 18 Wochen wöchentlich und danach während der gesamten Behandlung mindestens alle 4 Wochen zu kontrollieren.
Auch bei lokaler Anwendung von Chloramphenicol am Auge wurden hämatotoxische Effekte beobachtet, so dass auch diese Darreichungsformen kontraindiziert sind.
Nicht empfohlen (vorsichtshalber kontraindiziert)
Paracetamol - Isoniazid
Isoniazid induziert im Verlauf von wenigen Tagen CYP2E1, so dass Paracetamol verstärkt oxidativ metabolisiert wird. Dadurch entsteht vermehrt der hepatotoxische Metabolit N-Acetyl-p-benzochinonimin.
Verstärkte Hepatotoxizität von Paracetamol
Die Behandlung mit Isoniazid verstärkt möglicherweise die hepatotoxische Wirkung von Paracetamol. Initialsymptome einer Leberschädigung durch Paracetamol sind Übelkeit, Erbrechen und Bauchschmerzen. Nach etwa 24 h tritt meist ein Ikterus auf. Ausserdem kommt es zur Transaminasen-Erhöhung und zur Koagulopathie. Die Letalität ist hoch.
Während einer Therapie mit Isoniazid soll möglichst indikationsgerecht ein alternatives Analgetikum gewählt werden. Bei therapeutischen Dosen von Paracetamol bis etwa 3 g/die tritt aber wahrscheinlich keine verstärkte Hepatotoxizität auf.
Im Fall einer Paracetamol-Intoxikation unter Isoniazid soll Acetylcystein als Antidot auch dann gegeben werden, wenn die Paracetamol-Serumkonzentration unterhalb der Schwelle liegt, bei der üblicherweise Acetylcystein gegeben wird.
Überwachung bzw. Anpassung nötig
Vitamin-K-Antagonisten - Paracetamol
Möglicherweise interferiert der hepatotoxische Paracetamol-Metabolit N-Acetyl-p-benzochinonimin (NAPB) über eine Hemmung der daran beteiligten Enzyme mit der Synthese verschiedener Gerinnungsfaktoren (II, VII, IX, X) . Das Ausmass der Wechselwirkung hinge demnach davon ab, in welcher Konzentration und über welchen Zeitraum NAPB vorhanden ist. Ausserdem könnten - in erster Linie wohl bei Warfarin - pharmakokinetische Mechanismen beteiligt sein. Diskutiert werden auch Einflüsse von Fieber und Entzündung auf die Blutgerinnung.
Verstärkte blutgerinnungshemmende Wirkung - erhöhte Blutungsgefahr
Die regelmässige Einnahme von Paracetamol in hohen Dosen kann im Verlauf von einigen Tagen die blutgerinnungshemmende Wirkung von Vitamin-K-Antagonisten verstärken. In Einzelfällen wurden bei älteren Patienten Blutungskomplikationen berichtet.
Paracetamol ist das Mittel der Wahl als gelegentliches Analgetikum bei Patienten unter Therapie mit Vitamin-K-Antagonisten. Die Einnahme von Paracetamol in Tagesdosen bis zu 2000 mg bis zu einer Woche wirkt sich in der Regel nicht auf die Blutungszeit aus. Wenn unter Vitamin-K-Antagonisten dauerhaft hohe Dosen von Paracetamol (>2000 mg/d) benötigt werden, sollen die Blutgerinnungsparameter besonders sorgfältig kontrolliert werden.
In bestimmten Fällen Überwachung bzw. Anpassung nötig
Paracetamol - Enzyminduktoren
Unter der Dauertherapie mit Enzyminduktoren wird Paracetamol wahrscheinlich verstärkt oxidativ durch Cytochrom-P450-abhängige Enzyme (CYP3A4) metabolisiert. Dadurch kann vermehrt der toxische Metabolit N-Acetyl-p-benzochinonimin entstehen, der vermutlich für die Hepatotoxizität hoher Dosen von Paracetamol verantwortlich ist. Die Hemmung der Glucuronidierung durch einige Stoffe (Phenobarbital, Phenytoin) könnte die Plasmakonzentration von N-Acetyl-p-benzochinonimin weiter erhöhen. Ausserdem kann die Enzyminduktion die Bioverfügbarkeit von Paracetamol vermindern.
Verstärkte Hepatotoxizität/verringerte Wirksamkeit von Paracetamol möglich
Die Dauertherapie mit Carbamazepin, Enzalutamid, Phenobarbital, Phenytoin, Primidon oder Rifampicin kann die Hepatotoxizität von Paracetamol möglicherweise verstärken. Intoxikationen mit Paracetamol sind unter der Therapie mit Enzyminduktoren bei niedrigeren Dosen aufgetreten und schwerer verlaufen. Zeichen einer Paracetamol-Intoxikation sind Übelkeit, Schwitzen, Bauchschmerzen sowie Transaminasen- und Bilirubinanstieg. Die analgetische Wirksamkeit von Paracetamol kann eventuell vermindert sein.
Patienten unter einer Dauertherapie mit den genannten Arzneistoffen sollen möglichst auf alternative Analgetika ausweichen, die im individuellen Fall geeignet sind wie Acetylsalicylsäure oder Ibuprofen. Wird Paracetamol eingesetzt, sollen Dosen über 3 g/die gemieden werden; auch eine Dauertherapie mit Paracetamol ist zu vermeiden.
Wenn bei Patienten mit Enzyminduktion eine Paracetamol-Intoxikation auftritt, soll Acetylcystein als Antidot auch dann gegeben werden, wenn die Paracetamol-Serumkonzentration unterhalb der Schwelle liegt, bei der üblicherweise Acetylcystein gegeben wird.
In bestimmten Fällen Überwachung bzw. Anpassung nötig
Paracetamol - Imatinib
In vitro hemmt Imatinib die Glucuronidierung von Paracetamol. In vivo veränderte Imatinib, 400 mg täglich über 6 Tage, die Pharmakokinetik einer Einzeldosis von 1000 mg Paracetamol nicht. Höhere Dosen von Imatinib und Paracetamol wurden nicht untersucht. Paracetamol könnte aber vermehrt oxidativ metabolisiert werden, wobei vermehrt hepatotoxische Metaboliten entstehen. Ausserdem wirken beide Stoffe hepatotoxisch, so dass sich diese Effekte addieren könnten. Einige Fälle von schwerem Leberversagen bei gleichzeitiger Behandlung mit Paracetamol und Imatinib wurden berichtet.
Verstärkte Hepatotoxizität nicht auszuschliessen
Bei gleichzeitiger Behandlung mit hohen Dosen von Paracetamol und Imatinib ist eine verstärkte Lebertoxizität nicht auszuschliessen.
Bei gleichzeitiger Behandlung mit hohen Dosen von Imatinib und Paracetamol ist Vorsicht geboten.
Imatinib ist per se hepatototoxisch. Bei Patienten mit Leberfunktionsstörungen (leicht, mässig oder schwer) müssen das periphere Blutbild und die Leberenzyme sorgfältig überwacht werden.
In bestimmten Fällen Überwachung bzw. Anpassung nötig
Zidovudin - Paracetamol
Ein Mechanismus ist nicht bekannt. Eine pharmakokinetische Wechselwirkung wurde nicht gefunden. In einer Studie an 282 Patienten trat eine Neutropenie unter Zidovudin mit 16 % sehr häufig auf. Unter den 63 Patienten, die nicht genannte Dosierungen von Paracetamol erhielten, soll die Inzidenz höher gewesen sein.
Möglicherweise erhöhtes Neutropenie-Risiko
Möglicherweise erhöht Paracetamol das Risiko, unter Zidovudin eine Neutropenie zu entwickeln.
Unter Zidovudin sollen die Selbstmedikation sowie eine länger dauernde Behandlung mit Paracetamol vermieden werden; andere Analgetika/Antipyretika sind vorzuziehen.
In bestimmten Fällen Überwachung bzw. Anpassung nötig
Paracetamol - Flucloxacillin
Beide Arzneistoffe stören den Gamma-Glutamyl-Zyklus, was zu einer Akkumulation von 5-Oxoprolin führt. Der Paracetamol-Metabolismus verbraucht Glutathion, wodurch Glutamylcystein akkumuliert, eine Vorstufe von 5-Oxoprolin. Flucloxacillin inhibiert die 5-Oxoprolinase, was auch zu einer Akkumulation von 5-Oxoprolin führt. Durch die Anreicherung von 5-Oxoprolin kommt es zu einer erweiterten Anionenlücke und somit zu einer metabolischen Azidose.
Risiko für eine metabolische Azidose erhöht
In Einzelfällen haben Patienten bei gleichzeitiger Behandlung mit hochdosiertem Paracetamol und hochdosiertem Flucloxacillin über mehrere Tage oder wenige Wochen eine metabolische Azidose mit vergrösserter Anionenlücke (vertiefte "Kussmaul"-Atmung, Herzrhythmusstörungen, Blutdruckabfall, Bewusstseinsstörungen) entwickelt.
Bei gleichzeitiger hochdosierter Behandlung mit Flucloxacillin und Paracetamol wird eine engmaschige Überwachung besonders auf Symptome einer metabolischen Azidose empfohlen. Ein Urintest auf 5-Oxoprolin wird ebenfalls angeraten.
Wenn Flucloxacillin nach Absetzen von Paracetamol weiter angewandt wird, ist sicherzustellen, dass keine Zeichen einer metabolischen Azidose mit vergrösserter Anionenlücke vorliegen, da Flucloxacillin eine metabolische Azidose mit vergrösserter Anionenlücke aufrecht erhalten kann.
In bestimmten Fällen Überwachung bzw. Anpassung nötig
Paracetamol - Probenecid
Probenecid hemmt die Glucuronidierung von Paracetamol. Probenecid verringerte die Paracetamol Clearance im Schnitt um 45 % und verlängerte die Halbwertszeit von Paracetamol um ca. 71. %.
Verstärkte Wirkungen von Paracetamol möglich
Probenecid kann möglicherweise die unerwünschten Wirkungen von Paracetamol wie Hepatotoxizität verstärken.
Bei gleichzeitiger Behandlung mit Probenecid soll die Paracetamol-Dosis verringert werden.
Vorsichtshalber überwachen
Paracetamol - 5-HT3-Antagonisten
Der Mechanismus ist nicht geklärt. Möglicherweise beruht er auf antagonistischen Effekten auf das Serotonin-System. In einer begrenzten Anzahl an Studien verminderten Ondansetron, Granisetron oder Tropisetron den analgetischen Effekt von Paracetamol in gesunden Probanden oder Patienten mit postoperativen Schmerzen. Andere Studien wiederum fanden keinen Effekt von Ondansentron auf die Wirksamkeit von Paracetamol bzw. einen gesteigerten analgetischen Effekt.
Verminderte analgetische Wirksamkeit von Paracetamol möglich
5-HT3-Antagonisten (Granisetron, Ondansetron, Palonosetron, Tropisetron) können möglicherweise die analgetische Wirksamkeit von Paracetamol beeinträchtigen.
Bei gleichzeitiger Behandlung mit 5-HT3-Antagonisten kann der Bedarf an Paracetamol, vor allem zu Beginn der Behandlung, erhöht sein. Auf eine ausreichende analgetische Wirksamkeit ist daher besonders zu achten.
Vorsichtshalber überwachen